Bersenbrück. Der Winter schien nach der erneuten Einstellung des Spielbetriebs für die Jugendfußballer der TuS Bersenbrück lang und grau zu werden. Doch auch wenn sich die Fußballer der U17 und U19 nicht auf dem Trainingsplatz begegnen dürfen, schwitzen sie beim Onlinetraining gemeinsam.

Ohne Training und Spiel fallen jene Konstanten im Alltag der Jugendlichen wie bereits im Frühjahr 2020 weg, an die sie sich gerade wieder gewöhnt hatten. Im Sommer war die Freude groß über die ersehnte „Normalität“, die der Anfang der speziellen Saison 2020/21 versprach. Den Kickern und Trainern war jedoch stets bewusst, dass der Mannschaftssport ein Genuss auf Bewährung war. Eine erwartete Verschärfung der Corona-Lage zu Beginn der kalten Jahreszeit würde das vorübergehende Aus für den Fußball im Breitensport bedeuten. Nichtsdestotrotz hatte die befürchtete Nachricht eine Schockwirkung, wurde doch der bestehende Betrieb von 100 auf 0 heruntergefahren.

Die Saison der U17 und U19 des TuS Bersenbrück, seit Sommer neues Projekt des Trainer-Duos Uwe Lammers und Thomas Uchtmann, war damit erst einmal auf Eis gelegt. Die bisherigen Ergebnisse der beiden Manschaften konnten sich sehen lassen, starteten sie jeweils doch mit zwei Siegen in die neue Spielzeit. Damit wäre der erste Schritt in Richtung Doppel-Meisterschaft getan: So heißt nämlich das ins Auge gefasste Ziel, das die Jugendlichen visiert haben.

Um die Weichen für einen möglichen Restart des Fußballbetriebs Anfang 2021 zu stellen, war eines klar: Die Corona bedingte Pause sollte nicht ungenutzt abgewartet werden. „Um die Jungs fit und gleichzeitig genügend Abstand zu halten, riefen wir die Idee des Videokonferenz-Trainings ins Leben“, schildert Initiator Thomas Uchtmann. Unter seiner Leitung trafen sich die Spieler und Trainer Anfang November zum ersten virtuellen Training über die Videokonferenz-App Zoom.

Schwerpunkt sind hierbei schweißtreibende Stabilisationsübungen. Diese Halteübungen zur Kräftigung der Muskulatur werden ausschließlich mit dem eigenen Körpergewicht ausgeführt und waren in den Mannschaften schon hinlänglich bekannt: „Als ich vom neuen Trainingskonzept gehört hatte, war ich erst einmal skeptisch. Die Kombination aus Thomas und Kraftübungen habe ich ja schon im Training auf dem Platz kennenlernen dürfen“, schmunzelt U-19-Torjäger Lennard Stolze.

Uchtmann, prädestiniert für seine Motivationskünste, gelang es jedoch, den Mannschaftsgeist erfolgreich zu den Jungs nach Hause zu transportieren. Diese trainieren seitdem jeden Dienstagabend gemeinsam vor dem Laptop in den eigenen vier Wänden, anstatt in Stollenschuhen auf dem TuS-Gelände. Der Fortschritt dabei ist unverkennbar: Die Spieler steigern von Woche zu Woche, angetrieben von Uchtmann, konstant ihr Pensum. Mindestens ebenso zentral beim Cyber-Training ist, den Kontakt zum Team aufrecht zu erhalten, die Gesichter zu sehen und trotz aller Widrigkeiten gemeinsam am Saisonziel zu arbeiten. So etablierte sich in kurzer Zeit ein echtes Ritual.

Neben U17 und U19 macht mittlerweile auch die ambitionierte U15 des Vereins beim Spezialtraining mit. Das Team, dessen Trainer Max Grimm und Jonas Finke aus früheren Ankumer Zeiten einen guten Draht zum Duo Lammers/Uchtmann haben, steht den beiden älteren Mannschaften in Sachen Einsatzbereitschaft und Durchhaltevermögen in nichts nach. Ein imposantes Bild bietet die Videokonferenz, wenn sich mehr als 30 Jugendliche von 13 bis 18 Jahren in einheitlich roter TuS-Kleidung vor dem Bildschirm gemeinsam „quälen“.

Darüber sind sich sowohl Uwe Lammers und Johannes Töben, neuer Co-Trainer der A- und B-Junioren, als auch Grimm und Finke einig. Sie beobachten die Spieler während der Konferenzen, geben Tipps und – wie Grimm – schwitzen teilweise sogar selber mit. „Ein bisschen verrückt bist du aber schon, Thomas“, sagt Grimm nach dem anstrengenden Workout. Bei diesen geht Uchtmann stets mit bestem Beispiel voran: Jede Übung erklärt er zuerst, macht sie dann vor und hält sie mit den Jungs zusammen durch.

Das neue Trainingsmodell wird ergänzt durch einen Lauf Plan, der sich wöchentlich dem steigenden Niveau anpasst: Von eingangs sechs Kilometern liegt die Standardstrecke der Jungs nun bei zehn Kilometern. Dabei gibt das Trainerteam eine bestimmte Zeit vor, in der die Entfernung zurückgelegt werden sollte, um optimal an der Fitness zu arbeiten. Nicht selten lassen sich momentan deshalb in Bersenbrück und Umkreis ehrgeizige Läufer im roten TuS-Pullover beobachten.

Ihre Läufe zeichnen die Spieler mit einer Smartphone-App auf und senden sie in die WhatsApp-Gruppe der jeweiligen Mannschaft. So entsteht ein Wettbewerb, in dem keiner langsamer als der Mannschaftskamerad sein möchte, die Jungs treiben sich selber zu Höchstleistungen an. Neben Beifall und der erstaunten Nachfrage, ob statt den Laufschuhen nicht doch das Fahrrad benutzt wurde, sorgen einzelne Rechtfertigungen zur Entschuldigung für entspannteres Tempo wie „Gegenwind“ oder „langsamer Laufpartner“ für gute Stimmung in den beiden Gruppen.

Mit diesem Alternativ-Training meistern die Teams die besonderen Umstände. Weil aber natürlich auch der Ball vermisst wird, involviert das Trainerteam ab Mitte Dezember Technik-Challenges in den Trainingsplan, um das Ballgefühl zu behalten und Abwechslung zu schaffen. Die Spieler filmen sich bei der Ausführung der Technikübung und – genauso wie beim Laufen – schicken sie die Videos in die Mannschaftsgruppe. Ebenfalls auf dem Dezember-Plan stehen Halbjahresgespräche mit allen Spielern der U17 und U19, bei denen die Trainer – vermutlich wieder per Zoom-Konferenz – den Jungs im Einzelgespräch ihre Stärken und Potenziale aufzeigen, damit sie sich weiterhin verbessern können.

Dadurch wird der Blick wieder geschärft auf das, was keine Laufeinheit ersetzen kann: echten Fußball mit Körperkontakt auf dem grünen Rasen. Bis es soweit ist, macht der Bersenbrücker Jugendfußball das Beste aus der Situation. Gut möglich, dass das Corona-Training seine Früchte beim Restart der Saison tragen wird. Die U15, mit fünf Siegen in die Bezirksliga-Saison gestartet, die U17 in der Kreisliga und die U19 in der Kreisklasse, wären bereit dafür.

 Text und Foto Hendrik Stottmann, NOZ